Mittwoch, 25. November 2009

Der Vampirerlass der österreichischen Kaiserin Maria Theresia vom 1. März 1755

Ausschlaggebend für das Gesetz über die Totenruhe war für die Kaiserin der Vampirskandal von Hermsdorf/Hermersdorf an der schlesisch-mährischen Grenze, bei welchem die kaiserliche Untersuchungskommission unter den Ärzten Wabst und Gosser nichts ungewöhnliches feststellen konnten, was auf wirkliche Umtriebe von Vampiren zurückzuführen wäre und alles dem Aberglauben der Landbevölkerung zuwiesen. Die Kaiserin, ganz im Sinn der damaligen Aufklärung handelnd, erließ nun das folgende Gesetz, was als der berühmte «Vampirerlaß» bekannt wurde.

Wir Maria Theresia, etc., liebe Getreue etc.

haben eine zeitlang missfällig wahrnehmen müssen, dass nicht allein verschiedene von unseren Landeseinwohnern in ihrer Leichtgläubigkeit so weit gehen, dass sie dasjenige, was ihnen ein Traum oder Einbildung vorgaukelt, oder durch andere betrügerische Leute vorgespiegelt wird, für Gespenster und Hexerei halten, nicht weniger den für Besessen sich ausgebenden Leuten sogleich Glauben schenken, und auch dass sie in ihrer Leichtgläubigkeit oftmals von einigen mit Vorurteilen eingenommenen Geistlichen gestärkt wurden, wie dann zuletzt in unserer Markgrafschaft Mähren die Sache so weit getrieben worden ist, dass von der Geistlichkeit verschiedene Körper unter dem Vorwand, dass sie mit der sogenannten «Magia posthuma» behaftet gewesen, aus dem Friedhof ausgegraben und einige davon verbrannt worden sind, wo doch bei der darauf erfolgten Untersuchung sich nichts anderes als was natürlich war, gefunden hat. Wie zumal aber hierunter zum größeren Teil Aberglauben und Betrug stecken und wie dergleichen sündige Missbräuche in unseren Staaten zukünftig keineswegs zu gestatten, sondern vielmehr mit den empfindlichsten Strafen geahndet werden sollen. Also ist unser gnädigster Befehl, dass künftig in allen derlei Sachen von der Geistlichkeit ohne Hinzuziehung der weltlichen Behörden nichts vorgenommen, sondern jedes Mal wenn ein solcher Fall eines Gespenstes, Hexerei, Schatzgräberei, oder eines angeblich vom Teufel Besessenen vorkommen sollte, derselbe der weltlichen Behörde sofort angezeigt, von dieser mit Hinzuziehung eines vernünftigen Arztes untersucht und eingesehen werden solle, ob und was für ein Betrug darunter verborgen, und wie sodann die Betrüger zu bestrafen sein werden. Ihr werdet solchem nach diese unsere allerhöchste Anordnung nicht allein dort, wo ihr es nötig erachtet, kund machen, sondern dieselbe vornehmlich den geistlichen Obrigkeiten mit dem Zusatz offiziell mitteilen, dass sie ihren untergebenen Gerichten und Geistlichen diesfalls die erforderliche hirtenamtliche Instruktion erteilen und sie dadurch von ihren Vorurteilen ableiten, mit welchen einige behaftet sein könnten, sowie auch vor allem dahin anweisen sollen, in den vorher erwähnten Fällen jedes Mal die Sache den weltlichen Behörden anzuzeigen und die genaue Untersuchung vorhergehen zu lassen, worüber sodann von Fall zu Fall Uns der Bericht zu erstatten ist.

Wir verbleiben etc.

Gegeben zu Wien, den 1. März 1755.

(Chr. d’Elvert. Hrsg: Schriften der historisch – statistischen Sektion der k. k. mähr. – schles. Gesellschaft des Ackerbaues, der Natur und Landeskunde. XII. Bd. Brünn 1859. Daraus Christian d’Elvert: Das Zauber- und Hexenwesen, dann der Glauben an Vampyre in Mähren und Oesterr. Schlesien. S. 376 f.)

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