Das Jahr 1725 hat in der Erforschung des historischen Vampirismus eine ganz besondere Bedeutung. Es war das Jahr des so berühmten Kisolova - Falles um den Vampir Peter Plogojovitz, der von dem k.u.k. Verwalter des Gradisker Distrikts Frombald dokumentarisch mit Datum vom 5. April 1725 festgehalten wurde. Wie bekannt sein dürfte, war dies der Auslöser der Leipziger Vampirdebatte, die die Gelehrtenwelt in Deutschland mehrere Jahre in Atem halten sollte.
Umso interessanter befindet es sich, dass sich zeitgleich mit dem Fall des Peter Plogojovitz ein ganz ähnliches Ereignis im Lugos – Facseter Distrikt abspielte:
Am 31. März 1725 beauftragte der kaiserliche Oberinspektor Baron von Rebenstich den Verwalter des eben genannten Distriktes Johannes Ràcz de Mehàdia, nachdem dieser ihm Bericht über einen evtl. vorhandenen Vampir in der Ortschaft Herinbiesch gegeben hatte, den verdächtigen Leichnam, bei dem es sich um eine zu Lebzeiten im Verdacht der Zauberei befindliche Person handelte, aus dem Grabe zu erheben und zu begutachten, sowie ihm darauf weitere Nachricht zukommen zu lassen.
Der Verwalter Johannes Ràcz verfasste darauf unter Datum vom 3. April 1725 folgenden Bericht:
„Aus Einer löbl. Kays. Administration Gnädigen Befehlich habe wegen der zu Herinbiesch in Verdacht gehabten Zauberer den Gegenschreiber dahien geschickt, dass Grab eröffnen zu lassen. Welcher auch Befunden, dass derselbte Verstorbene Also friescher undt unversehrter, ja die rechte handt Beym Mundt Gehabter, mit dem Kopf Gegen die rechte seithen Verwendeter Gelegen undt unter dem Kopf bluth gesehen worden. Also dass kein andere Muthmassung, weilen der Körper doch schon über drey Monath in der Erden lieget, undt keine Versehrung an Ihme Gefunden kann werden, dass dieser der Bluthsaugerer sein muß. Wessentwegen Von Einer Löbl. Kayserl. Administration gewärtig Bien dehro Gnädigen Befehlich, waß fernerhien mit diesem Körper zu thuen sey, weilen solcher in eröffnetem Grabe mit dabey haltender Wacht lieget.“
Der österreichische Oberinspektor Baron von Rebenstich ließ darauf dem Verwalter Johannes Ràcz datiert auf den 10. April 1725 folgenden Bescheid übersenden:
„Nachdem sich in genauer untersuchung gezaiget, dass der in Verdacht gewesene Zauberer auf die beschriebene arth und weise auß billichen verdacht alß ein bluthsaugerer zu achten, So kann derselbe (der Verwalter Johannes Ràcz) auch mit dem körper ohne weiters dasjenige volführen lassen, was man sonsten in derley begebenheiten dieser Zeithero zu beobachten gewohnet und practicirt hat.“
D. h. der Leichnam wurde vermutlich durch die Brust gepfählt und/oder zusätzlich geköpft. Nach dieser Prozedur wurde der Leichnam entweder mit seinem Kopf zwischen den Beinen wiederum beerdigt; wahrscheinlicher jedoch verbrannt und seine Asche zerstreut. Durch die gute Quellenlage ist dieser Fall ebenso gut dokumentiert wie derjenige des Peter Plogojovitz zum gleichen Zeitpunkt. Weshalb der Kisolova – Fall einen wesentlich größeren Bekanntheitsgrad erlangte, mag wohl daran liegen, dass dieser im Wienerischen Diarium vom 21. Juli in der breiten Öffentlichkeit publik gemacht wurde. Der Fall des namenlosen Zauberers aus Herinbiesch fiel so, wie etliche andere aus den Folgejahren, unverdienterweise der Vergessenheit anheim.
Interessant in diesem Fall ist besonders der Umstand, dass die Person zu Lebzeiten den Ruf hatte, ein Zauberer zu sein; also schon dadurch im dortigen Volksglauben prädestiniert war, nach seinem Tode ein Vampir zu werden.
Als zweiter Aspekt kommt hinzu, dass der Tote, wie im Bericht vom 3. April vermerkt wird, „die rechte Handt beim Mundt Gehabter,...“, was darauf hinweist, dass die er zudem ein Nachzehrer war, also ein Leichnam, der sich im Grabe selbst bzw. sein Leichentuch oder -hemd verzehrt. Der gemeine Glaube lief darauf hinaus, dass, solange der Tote seine Körperteile oder Laken benagte, er lebende Menschen ins Grab nachzieht, d. h. auf sympathetische Weise tötet.
Ich bin z. Zt. dabei noch weitere Dokumente zu diesem Fall ausfindig zu machen und werde, sofern mir dies gelingt, noch mehr dazu schreiben.
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