Dienstag, 2. September 2008

Die Leipziger Vampirdebatte 1725 - 1734

Im Zusammenhang mit den frühesten Abhandlungen zum Vampirismus stößt man früher oder später auf den Begriff der Leipziger Vampirdebatte. Als solche bezeichnet man die gelehrte Auseinandersetzung der Wissenschaft im theologischen, naturkundlichen und medizinischen Bereich auf die durch angeordnete Untersuchung der österreichischen Behörden im besetzten nördlichen Serbien bekannt gewordenen Fälle von Vampirismus in Kisolova 1725 und Medwegia 1731/32. Beide Fälle gehören bis heute zu den am besten dokumentierten ihrer Art. Den offiziellen Bericht zum Kisolova Fall über den vermeintlichen Vampir Peter Plogojovitz verfasste der kaiserliche Verwalter Frombald, der seinen Sitz in Gradiska inne hatte, am 06. April. Den Medwegia Fall im Winter 1731/32 schildert abschließend Johann Flückinger, dem in dieser Angelegenheit untersuchenden und leitenden Arzt des Fürstenbuschischen Regiments, in einem von ihm selbst erstellten Abschlußbericht, datiert auf den 07. Januar 1732.
Diese Berichte lösten in Deutschland und vor allem in den Leipziger Gelehrtenstuben eine über mehrere Jahre andauernde Diskussion über die Möglichkeit oder Verwerfung des sogenannten Vampirismus aus. Michael Ranft, der spätere nebraische Diakon, hielt als erster am 27. September 1725 einen öffentlichen Vortrag zu diesem Phänomen an der Leipziger Universität. Im Jahre 1728 folgte dazu die erste gedruckte Schrift, nämlich Ranft’s De masticatione mortuorum in tumulis liber singularis, continens duas dissertationes, quarum prior historico – critica, posterior vero philosophica est. Lipsiae 1728. Sie blieb für einige Zeit, bis zum Jahre 1732 die einzige gedruckte Schrift, die sich mit den blutsaugenden Toten beschäftigte. Dies änderte sich jedoch rapide nach dem Bekannt werden der Ereignisse von Medwegia. Die Gelehrten meldeten sich nun zu Wort, und eine Fülle von größeren und kleineren Druckerzeugnissen zu diesem Thema, sowohl in deutscher als auch lateinischer Sprache, bevölkerten die Buchläden Leipzigs. Selbst der König von Preußen, Friedrich Wilhelm I. holte sich ein Gutachten der kgl. Akademie der Wissenschaften über die Vampire ein. Den Abschluss der Debatte schuf schließlich wiederum Michael Ranft mit einer erweiterten 1734 erschienen Neuauflage seiner Schrift über die Vampire, diesmal jedoch in deutscher Sprache: Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern. Worin die wahre Beschaffenheit derer Hungarischen Vampyrs und Blut = Sauger gezeigt, auch alle von dieser Materie bißher zum Vorschein gekommene Schrifften recensiret werden. Leipzig 1734.
Erst einige Jahre später, in den 1740er Jahren, griff der Benediktinermönch Augustinus Calmet aus Lothringen, einer der bedeutendsten katholischen Theologen, das Thema noch einmal auf und verfertigte im Jahre 1746 eine Summa des Vampirglaubens, vorerst in französischer Sprache. Eine stark erweiterte Neuauflage erschien 1751 auf Deutsch unter dem Titel: Gelehrte Verhandlung der Materi, von Erscheinungen der Geisteren, und denen Vampiren in Ungarn, Mahren etc.
Eine Annäherung der Positionen geschah während der Leipziger Debatte nicht. Der Vampirismus wurde von einigen gänzlich verneint, von manchen bejaht, von anderen wiederum als unerklärliches Phänomen behandelt. Die wichtigsten Schriften, die, ausgelöst durch den Gelehrtenstreit in Druck erschienen, sind:

- Michael Ranft: De masticatione mortuorum in tumulis liber singularis, continens duas dissertationes, quarum prior historico – critica, posterior vero philosophica est. Lipsiae 1728.
- Michael Ranft: Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern. Worin die wahre Beschaffenheit derer Hungarischen Vampyrs und Blut = Sauger gezeigt, auch alle von dieser Materie bißher zum Vorschein gekommene Schrifften recensiret werden. Leipzig 1734.
- Johann Christoph Pohl: DISSERTATIONEM DE HOMINIBVS POST MORTEM SANGVISVGIS, VVLGO SIC DICTIS Vampyren. Lipsiae 1732.
Schreiben eines guten Freundes an einen andern guten Freund / Die Vampyren betreffend. de dato 26. Martii 1732.
- Johann Heinrich Zopf: DISSERTATIO DE VAMPYRIS SERVIENSIBUS QVAM SVPREMI NVMINIS AVSPICIO. DVISBVRGI AD RHENUM 1733.
- Dr. Johann Daniel Geyer: Müßiger Reise Stunden Gedancken Von denen Todten Menschen = Saugern. Dressden 1735.
- Geistliche Fama, mitbringend Einige Neuere Nachrichten von göttlichen Gerichten / Wegen / Führungen und Erweckungen. Sarden 1732.

- Anonymus : Visum et Repertum. Uber die so genannten Vampirs, oder Blut = Aussauger, So zu Medvegia in Servien, an der Türckischen Granitz, den 7. Januarii 1732 geschehen. Nebst einem Anhang Von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern. Nürnberg 1732.
- Putoneus: Besondere Nachricht von denen Vampyren oder so genannten Blut = Saugern, wobey zugleich die Frage, ob es möglich, dass verstorbene Menschen wiederkommen, denen Lebendigen durch Aussaugung des Bluts den Tod zuwege bringen und dadurch gantze Dörffer an Menschen und Vieh ruinieren können? Leipzig 1732.
- Anonymus: Actenmäßige und umständliche Relation von denen Vampiren oder Menschen – Saugern, welche sich in diesem und vorigen Jahren im Königreich Servien hervorgethan. Nebst einem Raisonnement darüber und einem Hand = Schreiben eines Officiers des Prinz Alexandrischen Regiments aus Medvedia in Servien an einen berühmten Doctoren der Universität Leipzig. Leipzig. A. 1732.

- Christoph Friedrich Demelius: Philosophischer Versuch, ob nicht die merckwürdige Begebenheit derer Blut = Sauger in Nieder = Ungern, A. 1732 geschehen, aus denen pricipiis naturae, ins besondere aus der sympathia rerum naturalium und denen tribus facultatibus hominis könne erleutert werden. Vinariensi. A. 1732.
- Otto, Grafens zum Stein unverlohrnes Licht und Recht derer Todten unter den Lebendigen, oder gründlicher Beweis der Erscheinung der Todten unter den Lebendigen, und was jene vor ein Recht in der obern Welt über diese noch haben können, untersucht in Ereignung der vorfallenden Vampyren, oder so genannten Blut = Saugern im Königreich Servien und andern Orten in diesen und vorigen Zeiten. Berlin und Leizig o. J.
(vermutl. nie erschienen)
- Gottlob Heinrich Vogt: Kurtzes Bedencken Von denen Acten = mäßigen Relationen Wegen derer Vampiren, Oder Menschen = Und Vieh = Aussaugern. Leipzig 1732.
- Johann Christian Fritsche: Eines Weimarischen Medici Muthmaßliche Gedancken Von denen Vampyren, Oder sogenannten Blut = Saugern. Leipzig 1732.
- Johann Christoph Harenberg: Vernünftige und Christliche Gedancken Über die Vampirs Oder Bluhtsaugende Todten. Wolffenbüttel 1733.
- Johannes Christianus Stock: DISSERTATIO PHYSICA DE CADAVERIBUS SANGUISUGIS. Von denen so genannten Vampyren oder Menschen = Säugern.. Jenae 1732.
- W. S. G. E. : Curieuse und sehr wunderbare Relation, von denen sich neuer Dingen in Servien erzeigenden Blut = Saugern oder Vampyrs, aus authentischen Nachrichten mitgetheilet, und mit Historischen und Philosophischen Refelexionen begleitet. Anno 1732.

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